U20: Auftakterfolg im Erstrundendrama – Ein wahrhaft historischer Sieg
Oktober, 2024 · By Jasper Langner
Letzten Sonntag war es endlich soweit: Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte durfte
der KKS in seinem Vereinsheim einen Gegner zum Mannschaftskampf in der
Jugendbundesliga begrüßen! Ein Hauch von Geschichte, könnte man sagen, und für uns
nach dem Aufstieg in der letzten Saison der Start in ein schweres und spannendes
Abenteuer. Den Klassenerhalt zu erreichen, wird in der stark besetzen Liga alles andere
als leicht, denn nach DWZ-Schnitt sind wir an Position 8 von 8 gesetzt. Zum Auftakt in die
Saison stand uns der Krefelder SK Turm gegenüber, Meister der letztjährigen Saison, der
allerdings altersbedingt einige starke Spieler verloren hat und trotz zweier
Neuverpflichtungen nicht an die Stärke der letzten Saison herankommt und in der
Setzliste nun auf Platz 6 steht: Eines der Teams also, gegen die Erfolge realistisch sind,
und damit direkt zu Saisonbeginn ein wichtiger Gradmesser dafür, was in dieser Saison
für uns möglich ist.
Dementsprechend motiviert setzten wir uns um kurz nach 11 an die Bretter. Krefeld trat in
Bestbesetzung an, die wir leider nicht ganz aufbieten konnten. Die ersten 5 Spieler der
Aufstellung waren zwar dabei. Um das sechste Brett zu besetzen, mussten wir aber auf
Ersatz aus der zweiten U20-Mannschaft zurückgreifen, den wir glücklicherweise recht
schnell in Michael fanden.
Der Mannschaftskampf begann recht ruhig und ließ noch nicht erahnen, was noch folgen
würde. An Brett 1 etwa kam eine 23-zügige (!) Theorievariante im Engländer aufs Brett, die
in einem Turmendspiel endete, das schon früh eine Punkteteilung zwischen Nelson und
seinem Gegner Emil Schuricht erahnen ließ. Nelson aber suchte noch nach Gewinnideen.
Zeno kam an Brett 2 gut aus der Eröffnung. Schockierend war nur die Zeitverteilung:
Während Zenos Zeit langsam unter eine Stunde fiel, hatte sein Gegner Mykhaylo
Nezhyvenko noch 1:40 Stunden auf der Uhr! Bei mir (Johannes) lief die Eröffnung
ebenfalls gut. Ich konnte meinen Gegner damit überraschen, dass ich auf 1.e4 e5 statt c5
spielte und konnte mir so sogar ausnahmsweise mal einen Zeitvorteil erarbeiten. Mark
traf an Brett 4 auf Paul Schuricht, dem er bei der diesjährigen NRW-Einzelmeisterschaft
aus den Klauen entwischt war und dann sogar noch gewonnen hatte. Mark konnte im
Königsinder weit am Damenflügel vorrücken, dafür zeichnete sich aber das typische
Gegenspiel am Königsflügel ab. Lars kam mit Schwarz an Brett 5 ebenfalls sehr gut aus
der Eröffnung, stand sehr solide und vielleicht sogar etwas angenehmer. An Brett 6
hingegen herrschte Chaos – Michael hatte sich mit Weiß für das Königsgambit
entscheiden, die entstandenen Komplikationen schienen aber Schwarz zu favorisieren.
Die erste Entscheidung fiel dann an Brett 2 – und zwar eine sehr erfreuliche! Zeno hatte
seinen Gegner überspielt und erzwang dessen Aufgabe. Ausgerechnet an Brett 2, wo
Krefeld mit am höchsten favorisiert war, gingen wir so mit 1:0 in Führung. Wieder einmal
ein sehr starker Mannschaftsauftritt von Zeno! Im Gegenzug folgte leider recht bald eine
Niederlage an Brett 6 – Michael hatte in der Eröffnung zu viel riskiert, danach war nichts
mehr drin gewesen. Trotz aller Versuche konnte dann auch Nelson gegen die genaue
Verteidigung seines Gegners nicht mehr als einen halben Punkt herausholen. An meinem
Brett begann daraufhin die Zeitnotphase, aus der mein Gegner und ich mit einem ziemlich
vollen Brett herauskamen, das aber trotz der großen Anzahl an Figuren kaum Chancen für
beide Seiten bot (die Engine stimmt mit 0.0 überein). Da ich wirklich nicht wusste, was ich
überhaupt probieren könnte, andererseits aber noch den einen oder anderen Versuch
meines Gegners witterte, willigte ich ins Remis ein, tat das aber eher zähneknirschend,
denn mit Blick auf die verbliebenen beiden Bretter, an denen es beim Stand von 2:2 nun
lag, war ich eher skeptisch: Lars hatte zwar im Leichtfigurenendspiel einen Bauern mehr,
Marks Stellung sah dafür aber ziemlich hoffnungslos verloren aus. Auch Nelson gab nur
„etwa 40 % darauf, dass Lars gewinnt oder Mark nicht verliert und wir ein 3:3 schaffen“
.
Die Zeit verging – und die Aussichten besserten sich. Lars spielte das Endspiel sehr
zielstrebig, konnte Figuren tauschen und besaß einen gefährlichen Freibauern. Mark
hingegen besaß zwar eine Minusfigur, aber ebenfalls einen Freibauern auf der 7. Reihe,
der zwar nicht gefährlich war, den sein Gegner aber irgendwie auch einfach nicht erobern
konnte. Schließlich musste Lars‘ Gegner angesichts des durchlaufenden a-Bauern die
Waffen strecken. 3:2 für uns und für Lars die Fortsetzung einer unglaublichen
mannschaftsübergreifenden Siegesserie! Plötzlich war das 3:3 sicher und noch mehr
schien auf einmal möglich. Marks Gegner befand sich in horrender Zeitnot und übersah
eine Abwicklung in ein Springerendspiel, in dem Mark zunächst noch einen Minusbauern
hatte, aber schon bald einen gegnerischen Bauern gewinnen konnte. Nach einer fast
sechsstündigen Kampfpartie einigten sich die Spieler schließlich auf Remis, was dem
Verfasser dieses Artikels ein mehrfaches emotionales Fäusteballen entlockte und die
Pizza beim anschließenden spontanen Mannschaftsessen besonders gut schmecken
ließ!
Mit diesem 3,5:2,5-Erfolg erwischen wir einen Traumstart in die Saison und erhalten
Rückenwind, den wir in den nächsten Spielen nutzen wollen (nächstes Spiel am 8.12.
heim gegen den SK Münster). Durch den ersten Sieg in der Jugendbundesliga haben wir
am Sonntag ein kleines Stück Vereinsgeschichte geschrieben – in der Hoffnung, dass am
Ende der Saison dann etwas weiteres Historisches steht: der erste Klassenerhalt!
Von Johannes Theisen