Nachbericht Vereinsmeisterschaft
März, 2022 · By Jasper Langner
Als Jürgen Koch kurz vor Jahresende ein neues Format der Vereinsmeisterschaft zum Leben erweckte, war die Aufregung zunächst groß. Kann ein Format mit freier Terminvereinbarung innerhalb eines bestimmten Zeitraums wirklich funktionieren? Können sich die Teilnehmer untereinander auf einen Termin einigen? Die Antwort ist einfach und erfreulich. Auch unter den widrigen Umständen der Pandemie wurde ein Turnier über 7 Runden von November bis Ende März organisiert, das 26 KKSler anlockte. Es stand nicht weniger und nicht mehr als die eigene DWZ-Performance und ein durchaus beachtliches Preisgeld auf dem Spiel.
Insbesondere der Anteil der Jugendlichen war mit genau 50% wieder relativ hoch. Die Neumitglieder Jürgen und Ole Nielsen sowie Marco Schumacher spielten ihr erstes Turnier und gingen keinesfalls unter. Für Ole, der sich vor dem Turnier etwas mehr ausgemalt hatte, stellte sich das Teilnehmerfeld dann doch als etwas stark heraus. Zumindest gegen Routinier Thomas Prenzel fuhr er den vollen Punkt ein. Mit 2/6 Punkten wurde er letztendlich 23.. Einen Rang vor ihm landete Marco mit ebenfalls 2 Punkten. Jürgen N. konnte mit 2.5/6 Punkten mehr als zufrieden sein. Spätestens als er in der 4.Runde dem 2.Mannschaftsspieler Joachim Hendrix um den halben Punkt brachte, hatte er sich auf sich aufmerksam gemacht. Nun von Anfang an…
Als Favoriten in das Turnier gingen … alle Spieler aus der 2.Mannschaft. Dazu gehörten Ratingfavorit Boris Maric, Jugendtalent Luca Klemenz, Mannschaftskapitän Peter Graf und Bullet- und Blitzschreck Joachim Hendrix.
In Runde 1 konnten die Favoriten ihrer Rolle weitgehend gerecht werden. Auf lichess hat sich Zeno Pfaar mit Luca schon so manchen Schlagabtausch geliefert und das verleiht ihren Partien einen besonderen Reiz. Doch in Runde 1 der KKS-Vereinsmeisterschaft hatte Zeno nur wenig zu melden: er verlor mit Weiß nach einem zu spekulativen Angriff. Die erste Überraschung landete unser anderer U16-Jugendspieler Mark Krenzel, der sich über das gesamte Turnier als gefährlicher Initiativspieler entpuppte. So biss sich Boris Pericic mehr als nur die Zähne aus, stand er gar zwischenzeitlich auf Verlust und konnte sich mit dem Remis noch glücklich schätzen. Kurz danach musste er (Boris P.) leider wegen der pandemischen Situation aus dem Turnier treten. Ein nächstes Ausrufezeichen setzte Friedrich Maric, der gegen Vereins- und Vorstandsikone Edgar Gail zwischenzeitlich auf Gewinn stand. Mit dem Remis gelang ihm ein Erfolgserlebnis gegen einen nominell stärkeren Gegner, es sollte nicht sein letztes im Turnier bleiben…
Ab Runde 2 stießen Ralf Kühlwein, Gudrun Jakob, Marco Schumacher, Jürgen Nielsen und Nelson Strehse dazu. Oben ließen die ersten Favoriten federn. Sowohl Boris M. als auch Peter G. mussten sich mit der Punkteteilung gegen ihre Kontrahenten Thomas Georgi und Uwe Externbrink begnügen. Sie fanden kein wirkliches Rezept gegen die Spezialsysteme : c3-Sizilianer (Thomas) und Londoner System (Uwe). Luca beglich mit einem souveränen Sieg gegen seinen vermeintlichen Angstgegner Peter Thürbach (bisher 2 Remis in Verluststellung) eine offene Rechnung. Auch Joachim setzte sich zunächst an die Spitze mit einem mühelosen Sieg gegen Anton Maric. Dessen Bruder Friedrich machte es besser und setzte an Brett 6 ein dickes Ausrufezeichen mit einem Schwarzsieg gegen Mark Krenzel. Besser konnte sein Start nicht verlaufen. An den übrigen Brettern setzten sich die Favoriten durch. U14-Talent Jona Kaets verbuchte einen bemerkenswerten Kurzsieg gegen Marco und bewies taktische Fähigkeiten.
In Runde 3 kam es zum ersten Aufeinandertreffen der zweiten Mannschaft zwischen Joachim und Luca. In einem komplexen Mittelspiel knallte Joachim auf e6 rein und erhielt starken Angriff, verlor in Zeitnot allerdings die Nerven mit einem inkorrekten Qualitätsopfer. Luca ließ sich nicht beeindrucken, holte den dritten Punkt im dritten Spiel und behielt damit die weiße Weste. Auch Boris und Peter G. schlossen auf einen halben Punkt auf.
Es begann die entscheidende Phase des Turniers, die 4.Runde war geprägt von spannenden und umkämpften Paarungen.
An Brett 1 ging es um die Führung der Vereinsmeisterschaft zwischen Luca und Boris, Nummer 2 bzw. 1 der Setzliste. Luca mit Weiß zeigte sich wieder bestens vorbereitet in der Eröffnung, doch Boris versuchte das Ruder an sich zu reißen. Er lehnte das Remisangebot seines Gegners ab und navigierte in ein komplexes strategisches Endspiel mit beidseitigen Trümpfen. Luca, wie gewohnt mit mehr Zeit auf der Uhr, aber auf dem Brett mit dem Rücken zur Wand, versuchte sich in einem gefährlichen, aber nicht ganz korrekten Angriff. Mittlerweile in Zeitnot geraten, fand Boris nicht die optimale Verteidigung. Luca zeigte sich hellwach und vollendete mit einem sehenswerten Schlussakkord:
[fen]
1r2r3/5p2/2p2k1B/p4B2/n3PP1R/1pb5/4K1PP/7R w – – 0 37
[/fen]
{ In dieser scharfen Stellung hat Weiß gefährliches Spiel gegen den gegnerischen König, aber die schwarzen Freibauern sind auch nicht zu unterschätzen. Die Engine spuckt verrückte Varianten aus, die letztendlich zu Ausgleich führen. Weiß hielt jedoch die Spannung aufrecht mit 37.Th1-d1(?), und Schwarz, in horrender Zeitnot befindend (keine 40 Sekunden übrig), spielte hier den Verlustzug: 37…Lc3-b4(??). Wie gewinnt Weiß nun am schnellsten? Auflösung am Ende des Artikels }
Boris ließ die Segel streichen, sein König entkam dem Mattnetz nicht mehr. An Brett 2 wurde Peter G. zum engsten Verfolger. Er gewann mit eleganter Technik ein Turmendspiel mit Mehrbauern. An Brett 7 kam es zum Duell der Rivalen. Zeno traf auf Nelson. Die Wachablösung des ehemaligen U12-WM Spielers? Zwar konnte Zeno Vorteil generieren. Im Endspiel jedoch verlor er kurz völlig den Faden. Nelson war wie in seinen aktivsten Zeiten wieder ganz der Alte. Eine Taktik übersieht er nicht, besonders keine, die zum Turmgewinn führt. 0-1. Marco konnte am letzten Brett seine erste klassische Turnierpartie überhaupt mit einem fulminanten Angriffssieg über Pavao Kumir gewinnen.
In der fünften Runde stach Luca seinen nächsten großen Konkurrenten Peter G. aus, indem er sich unbeeindruckt von dessen Grand-Prix Angriff zeigte und nach 20 Zügen eine Fesselung zum Figuren- und Partiegewinn ausnutzte. Hat Luca die Sportart gewechselt? Jedenfalls rannte er so schnell davon wie Usain Bolt und machte mit 5 aus 5 die vermeintliche Vorentscheidung klar. Auch Boris, Joachim und Thomas G. holten jeweils den vollen Punkt zum 3.5/5. Im Duell der Generationen zwischen Jona und Gudrun konnte Jona zeigen, dass Talent Erfahrung schlagen kann.
In der sechsten und vorletzten Runde setzte es an Brett 1 einen faustdicken Paukenschlag. Der bis dato unantastbare Luca wurde von Thomas G.’s speziellem Spielstil entzaubert. Nachdem Luca mit Weiß gegen Thomas‘ Spezialvariante im Aljechin ordentlichen Vorteil herausholte, lief später vieles falsch. Thomas fand sich in den taktischen Gewässern der Stellung besser zurecht und eroberte mit einem Zwischenzug auf bemerkenswerte Weise zwei Bauern. Die sah Luca nicht wieder. 0-1. Boris M. und Peter G. vereinbarten recht schnell Remis, nachdem die Eröffnung von Boris etwas anrüchig aussah. Paul Lomax überzeugte in der Partie gegen Anton mit einem schönen Schwarzsieg und empfahl sich auch während des gesamten Turniers für höhere Aufgaben in den Mannschaften. Auch Mark und Zeno drehten gegen Ende des Turniers auf und zeigten, welches Talent in ihnen steckt… Zeno gewann in der vorletzten Runde gegen Turnierorganisator Jürgen Koch und in der letzten Runde gegen alten Haudegen Uwe Externbrink überzeugend. Besonders im dynamischen Spiel zeigte er hier seine Fähigkeiten. Auch Mark zeigte vor allem in der letzten Runde mit dem Sieg über Peter T. seine Ambitionen und schloss das Turnier mit beachtlichen 4/7 ab.
In der letzten Runde machte Luca dann den Sack zu. Für Paul war Luca dann doch eine Nummer zu groß. Die Vereinsmeisterschaft stand in trockenen Tüchern. Erster (größerer) Turniersieg Überhaupt für Luca! Spannender wurde es im Kampf um die Plätze 2 und 3. Thomas G. unterstrich seine Topform und gewann mit Weiß gegen Joachim, womit er überraschend den Platz 2 klarmachte. Peter G. und Boris M. kamen nach ihren Siegen beide auf 5/7, die bessere Feinwertung aber hatte Peter, womit Boris nur der undankbare Vierte blieb. Überraschend gewann auch Philipp Kruse gegen Max Ufer und beendete das Turnier damit noch mit 3.5/7. Eine starke Performance für ihn.
Damit ist die Vereinsmeisterschaft beendet. Ein Turnier, das gerade in den schwierigen Zeiten der Pandemie zu einem Zusammenkommen der Mitglieder geführt hat, zu einer nicht allzu angespannten Turnieratmosphäre und vor allem zu vielen Partien, die ausgespielt wurden. Und das nächste Mal kommen wir wieder zusammen, ein letztes Mal, um das Turnier am Petersburger Hof ausklingen zu lassen. Vielleicht werden dort auch Spieße serviert… Gabeln auf jeden Fall.
*Auflösung: 38.Lg5!+ Kg7 (erzwungen) 39.Th7+ nebst 40.Lf6 und das Matt ist unvermeidbar. …Lb4 war ein Fehler, weil es die Kontrolle über das Feld f6 aufgibt.