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Verratene Vorahnung: Der Tag, an dem alles schiefging

März, 2025 · By Luca Klemenz

Schon vor dem richtungsweisenden Mannschaftskampf in Wattenscheid lag eine seltsame Ahnung in der Luft. „Ich glaube, wir vergeigen es“ oder „Ich hab echt keinen Bock zu spielen. Frag mal Goldi.“ – so oder so ähnlich klangen die skeptischen Stimmen einiger Leistungsträger unserer bislang so formstarken zweiten Mannschaft. Der letzte Kampf war knapp verloren gegangen, doch die Liga blieb ein enges Feld: Platz zwei, nur einen Punkt hinter der Spitze – noch war alles möglich. Dennoch verstärkte sich das ungute Gefühl, als sich an der legendären Esso-Tankstelle, dem Ausgangspunkt so vieler epischer Auswärtsfahrten, zunächst nur vier der acht Spieler einfanden. Fünfzehn bange Minuten später waren wir schließlich doch vollzählig und machten uns auf den Weg ins Herz des Ruhrpotts.

Der Tabellenletzte aus Wattenscheid hatte eine unglückliche Saison hinter sich, mit vielen knappen Niederlagen. Doch an diesem Tag waren sie bis in die Haarspitzen motiviert und liefen mit einer besonders starken Aufstellung auf – vier FMs saßen uns gegenüber. Und am Brett? Da lief bei uns von Anfang an nichts zusammen. Die düstere Vorahnung begann, Realität zu werden. Bonni sicherte sich früh mit Weiß ein unspektakuläres Remis, Jasper tat es ihm gleich, ohne große Fortschritte zu erzielen. Zeno, gewohnt kämpferisch, riss beherzt eine Figur an sich – nur um mit Entsetzen festzustellen, dass der Gegner sie durch eine simple Taktik sofort zurückgewinnen und die Partie mit einem Mattangriff beenden konnte. Eine kapitale Fehleinschätzung, die ihn zur sofortigen Aufgabe zwang. Auch Luca geriet in einer modernen Schottisch-Variante unversehens auf Abwege: Der verlockende Bauer auf e5 entpuppte sich als tödliches Gift, und es ging bergab – rapide und unumkehrbar. Bei Boris sah es von Beginn an düster aus, sein Gegner spielte die Partie souverän zu Ende. Jörg, der nach eigener Aussage nicht in bester Spiellaune war, willigte in einer ausgeglichenen bis leicht schlechteren Stellung ins Remis ein.

Während sich vier unserer Spieler bereits unerwartet früh (Zitat Bonni: „wie in der U12“) auf den Heimweg machten und sich daher durch den Bundesliga-Stau kämpften mussten, lagen unsere Hoffnungen auf eine zumindest ehrenwerte Niederlage bei den beiden Spitzenbrettern. Und Jonas zeigte seine ganze Klasse: Mit den schwarzen Steinen demontierte er einen starken FM, spielte ihn zunächst am Damenflügel an die Wand, bevor sein Gegner eine ganze Figur einstellte. Ein Hauch der „Schwarzen Schwibbe“, die letzte Saison seine Gegner reihenweise zerstörte, wehte durch den Raum. Sollte dies Nelson am ersten Brett Rückenwind verleihen? Er knetete eine Stellung mit Läufer gegen Springer, suchte nach Gewinnchancen – und überzog schließlich. Statt des erhofften Punktes stand eine weitere Niederlage zu Buche. Endstand: 2,5 – 5,5.

Unsere dritte Saisonniederlage war besiegelt. Und dennoch, das Kuriosum: Wir stehen noch immer auf Platz drei – einen Punkt hinter der Tabellenspitze, aber ebenso nur zwei Zähler vor dem ersten Abstiegsplatz. Alles ist noch möglich in dieser verrückten Liga. Die nächste Herausforderung? Das nominelle Überteam aus Solingen, das seit Wochen schwächelt, bevor es am letzten Spieltag gegen VdSF Bonn geht – eine Mannschaft, die vor Kurzem noch als sicherer Absteiger galt und nun die formstärkste der Liga ist. Ein Drama, wie es nur der Schachsport schreiben kann.

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